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Phonographen – Töne auf Walzen
Wer sich nicht für Tonaufnahme und Geschichte interessiert, der hat wohl in der Regel keine Ahnung, was ein Phonograph ist. Dabei könnte man schon fast behaupten, dass dies zum Allgemeinwissen gehören sollte: denn immerhin wurde die erste Tonaufzeichnung der Welt mithilfe eines Phonographen gemacht! Und dass dies ein großer Schritt für die Entwicklung der Menschheit war, steht wohl nicht zur Debatte. Daher ein kleiner Info-Beitrag mit allem, was man über einen Phonographen wissen muss, in Kürze.
Historisches Ereignis: die Aufnahme eines Kinderliedes
Den Namen Thomas Edison bringen viele wohl mit Glühbirnen und dem Beginn von weitverbreiteter Elektrifizierung in Verbindung bringen. Dieser Amerikaner, der oft als einer der wichtigsten Erfinder seiner Zeit betrachtet wird, machte sich auch daran, Geräusche nicht nur aufzunehmen, sondern auch wiederzugeben. Er tat sich mit dem Maschinenbauer John Kruesi zusammen und sie erbauten im Jahr 1877 den ersten Phonographen, der als „speaking machine“ (Sprechmaschine) für Schlagzeilen sorgte. Edison soll das Kinderlied „Mary had a little lamb“ in seine Schöpfung gesungen und danach erfolgreich wieder abgespielt haben.
Rein mechanisch: Töne aufschreiben
Wie genau lief die Funktion der Phonographen von Edison und Kruesi? Es gab eine Walze, die mit Stanniolpapier umwickelt war, also einer dünnen Schicht Zinn. Diese Walze wurde mit einer Handkurbel gedreht, während ein Schalltrichter Laute auffing und diese gegen eine Membran drückte. Diese geriet dadurch in Schwingungen, die Schwingungen bewegten eine an der Membran angebrachte Nadel, welche eine Tonspur in die Zinnfolie ritzte und so die Töne „aufschrieb“. Wollte man dann wieder abspielen, lief der Vorgang rückwärts ab. Allerdings konnte man eine Aufnahme nur etwa fünf Mal abspielen, dann waren die Rillen schon nicht mehr „lesbar“. Auch Kopien einer Aufnahme konnte man nicht anfertigen. Edison verbesserte den Phonographen später durch die Verwendung von Wachswalzen.
Phonograph vs. Grammophon?
Da der Phonograph als mit Walzen als Tonträger funktionierte, gilt er als Vorläufer des berühmteren Grammophons, welches den Gebrauch von flachen Scheiben als Tonträger verbreitete. Schallplatten haben daher mit dem Edisons Phonograph recht wenig zu tun, und da die Benutzung von Schallplatten viele Vorteile gegenüber den Wachswalzen hatte, wurde der Phonograph schon bald durch das Grammophon verdrängt. Wenn überhaupt von Verdrängen gesprochen werden kann, denn der Phonograph wurde nur in sehr kleinen Mengen gekauft, und zwar meistens von Schaustellern, die das Gerät dann als Attraktion für Jahrmärkte benutzen wollten. Obwohl Edison und sein befreundeter Maschinenbauer Kruesi mit der Erfindung des Phonographen einen entscheidenden Schritt machten, war dieser Erfolg also eher von kurzer Dauer.
Bismarcks Stimme und die ersten Top Hits
Das lag wohl auch daran, dass Edison seine Erfindung nie als ein Unterhaltungsgerät sah – für ihn sollte der Phonograph hauptsächlich als Diktiergerät für praktische Zwecke dienen. Dennoch ging Edisons Wachswalzen-Erfindung auf verschiedenste Weise in die Geschichte ein, denn die Aufnahmen aus dieser Zeit gehörten zu den ersten ihrer Art und heute zu den ältesten überhaupt. So gibt es zum Beispiel eine Aufnahme von Otto von Bismarck, dem berühmten Staatsmann, wie er ein paar Gedichte zitiert und seinem Sohn den Rat gibt, ein Leben in Mäßigung zu führen. Bismarck soll im Jahr 1889 aufgenommen worden sein. Des Weiteren gibt es eine Aufnahme einer italienischen Arie von Startenor Enrico Caruso aus dem Jahre 1902, die sich zu einem der ersten großen Hits entwickelte – die Aufnahme wurde über eine Million Mal verkauft.